Der amerikanische Künstler Ed Ruscha (*1937) ist Maler, Zeichner, Grafiker und Fotograf. Trotz der etlichen Fotobücher, die er ab den 1960er-Jahren produzierte, bestand er aber immer darauf, ein Maler zu sein, der Fotografien macht.

Im Mittelpunkt der Ausstellung im Kupferstichkabinett des Kunstmuseum Basel stehen Ed Ruschas Zeichnungen und Fotografien der Los Angeles Apartments. Ausgangspunkt für die Zeichnungen waren die Fotografien aus dem Künstlerbuch Some Los Angeles Apartments, das Ruscha im Jahr 1965 produziert hat. Im Jahr 2011 ist es dem Museum gelungen, neun Zeichnungen sowie 25 Schwarzweißfotografien, die sogenannten Twentyfive Apartments (1965/2003), zu erwerben und somit war lt. dem Kurator Christian Müller das Fundament für die Ausstellung Ed Ruscha. Los Angeles Apartments gelegt.



Künstlerbücher
In den Räumlichkeiten des Kupferstichkabinetts sind des Weiteren acht der 16 legendären Künstlerbücher zu sehen, die Ruscha in den 1960er- bis 1970er-Jahre produziert hat. Darunter befinden sich Twentysix Gasoline Stations (1963), Various Small Fires (1964), Real Estate Oppurtinities (1970), Nine Swimming Pools (1968), Royal Road Test (1967), A Few Palm Trees (1971), Thirtyfour Parking Lots (1967) sowie mein absolutes Highlight und eine wirkliche Rarität: Every Building of the Sunset Strip (1966).
Ed Ruscha als Zerstörer des klassischen Fotobuches?
Der erste Raum der Ausstellung widmet sich den Twentysix Gasoline Stations, die Ed Ruscha im Jahr 1963 in seinem ersten Künstlerbuch präsentierte. Gezeigt werden gleich vier Exemplare der Erstausgabe, die sich alle im Besitz des Künstlers befinden. Ein Highlight sind die Abzüge der Tankstellenfotos, die dem Künstler ausschließlich als Arbeitsmaterial dien(t)en. In der Ausstellung hat man die einmalige Gelegenheit, 19 der 26 Tankstellen – darunter auch die legendären Standard Stations – näher unter die Lupe zu nehmen.
Noch heute stoßen die amateurhaften Tankstellenfotos, die Ruscha entlang der Route 66 von Oklahoma City bis Los Angeles gemacht hat, auf Empörung. Auf den ersten Blick ist nicht zu erkennen, welche Bedeutung diese Fotografien für ihn haben. Ruscha versteht seine Fotografien als Ready-mades, wobei die Fotografie nur für die Tankstelle steht. „[…] Die Photographie an sich bedeutet mir nichts, die Tankstellen sind das Entscheidende.“[1] Ruscha interessiert sich auch für die Veränderung einer sichtbaren Wirklichkeit, wie die Monochromie der Schwarzweißfotografie oder die Flächigkeit der Abbildung, die in der Fotografie passiert.

Trademarks
Im zweiten Raum finden sich farbige Studien der Standard Tankstellen sowie der Trademarks, wie dem Logo von 20th Century Fox aus den frühen 1960er-Jahren. Auffallend bei diesen Werken sind die Diagonale, die verkürzte Architektur und das ausgeprägte Querformat. Ruscha geht es insbesondere bei diesen Arbeiten um die Oberfläche, das Bild als Objekt und die Reduzierung auf Signalfarben der Werbung.
Alles nur Fassade?
Das Herzstück der Ausstellung bilden die Fotografien und Zeichnungen der Twentyfive Apartments (1965/2003). Vergleicht man die Graphitzeichnungen mit den Fotovorlagen so fällt auf, dass alles „Störende“ wie geparkte Autos oder Strommasten entfernt sind, was den Oberflächencharakter und die Flächigkeit der Zeichnungen verstärkt. Des Weiteren spielt Ruscha mit den Titeln der Arbeiten, welche den Betrachter zusätzlich in die Irre führen. Obwohl die Vorzeichnung Study for Unidentified Apartment Building eindeutig von der Fotovorlage Doheny Towers stammt, entscheidet sich Ruscha für eine leichte Abänderung der Perspektive sowie für einen neuen Titel.

In der Vorstudie und der Graphitzeichung des Barrington Avenue Apartment Building (1965) verwandelt sich das Gebäude nach Rechts in ein gewölbtes leeres Blatt Papier. Der Fotovorlage nach wird hier der Anspruch auf reale Architektur komplett aufgehoben.

„Alles nur Fassade“ kommt besonders bei dem Künstlerbuch Every Building of the Sunset Strip (1966) zur Geltung. Das auf über sieben Meter aufgeklappte Buch zeigt genau das was der Titel verspricht: alle Gebäudefassaden des Sunset Strip. Hierzu passt auch das Zitat von Ruscha, der 1981 die Oberflächlichkeit der Metropole Los Angeles auf einen Punkt bringt:
„Los Angeles ist für mich wie eine Reihe von Ladenfronten – von der Straße ausgehende senkrechte Flächen –, und da ist fast nichts hinter diesen Fassaden. Es ist alles Fassade hier. Das ist es, was mich an dieser Stadt überhaupt interessiert, ihre Fassadenhaftigkeit.“

[1] Ed Ruscha zit. nach Henri Man Barendse, in: Afterimage 7/VIII, 1981, S. 9 und Kat. Ausst. Ed Ruscha. Los Angeles Apartments, Göttingen 2013, S.17.
Prädikat: Sehenswert
Die Ausstellung Ed Ruscha. Los Angeles Apartments ist noch bis 29. September 2013 im Kunstmuseum Basel (im Kupferstichkabinett) zu sehen. Dazu ist ein sehr schöner Katalog im Steidl-Verlag erschienen.
Katalog | Ed Ruscha. Los Angeles Apartments | Kunstmuseum Basel
- Hg. | Christian Müller (Kurator)
- Verlag Steidl, Göttingen 2013
- Hardcover | 160 S., zahlr. Ill.
- Sprache | Deutsche oder englische Ausgabe
- ISBN | 9783869307008, 45 CHF bzw. 38€ direkt beim Steidl-Verlag