Der österreichische Künstler Günter Brus (*1938) zählt zu den wichtigsten und zugleich umstrittensten Gegenwartskünstlern nach 1945.

1968. Infolge seiner provozierenden Körperanalyse im Rahmen der Veranstaltung Kunst und Revolution im Hörsaal 1 des NIG an der Wiener Universität erklärte man Brus in einer Pressekampagne zum „meistgehassten Österreicher“. Weitere Künstler der sog. Uni-Ferkelei waren Otto Muehl, Peter Weibel und Oswald Wiener. Brus wurde zu sechs Monaten Arrest verurteilt. Um einer Haftstrafe zu entgehen, floh mit seiner Familie nach Berlin und lebte dort zehn Jahre – bis 1979 – im Exil. Erst nachdem die Haftstrafe in eine Geldstrafe umgewandelt wurde, kehrte er wieder zurück nach Graz.
Von 1969 bis 1974 gab er im Selbstverlag die limitierte Künstlerzeitschrift Die Schastrommel – das Organ der österr. Exilregierung heraus. Künstlerkollegen wie Rudolf Schwarzkogler, Gerhard Rühm, Otto Muehl, Peter Gorsen, Hermann Nitsch und Oswald Wiener waren an verschiedenen Ausgaben beteiligt.

Die auf 500 Stück limitierten Ausgaben zeigen auf über 100 Seiten Aktionen, Bilder, Zeichnungen und Texte.
Seite 128: Aus dem psychiatrischen Gutachten (Dr. Groß + Dr. Quatember):
Es handelt sich bei Herrn Brus um das Persönlichkeitsbild einer Psychopathie, das heißt, er ist nicht in der Lage, mit seinen eigenen Spannungen fertig zu werden.
Es finden sich weiters stark ausgeprägte Hinweise auf erhöhte Aggressionsmechanismen und auf eine massive Konfliktbereitschaft mit der Umgebung, dem Milieu der Gesellsch. bezogen auf das vertretene Fachgebiet bietet Herr Brus das Bild einer intelektuell durchschnittlich begabten Persönl.
Es finden sich bei Brus etwas undefinierte neurotische Persönlichkeitsreaktionen, die insbesondere im Sinne einer erhöhten Konfliktbereitschaft im sexuellen aufzufassen sind.
Die erhöhte Konfliktbereitschaft im sexuellen Bereich ist aber keineswegs der Ausdruck einer krankhaft gestörten Geistesbeständigkeit; sie entspricht seiner psychopath. Wesensart.
Günter Brus ist zwar im Kollektiv seiner Mittäter der am schwächsten Begabte, doch leicht sein Verstandesniveau durchaus aus, um den Unrechtgehalt der ihm vorgeworfenen Handlungsweise zu erkennen und einzusehen.
Leichte Angstverdrängungshinweise.
[…]
Das Gutachten kommt zu folgendem Schluß: Günter Brus ist nicht geistes- oder gemütskrank.

Prost und Mahlzeit.


Daten:
- Die Schastrommel, limitiert auf 500 Exemplare pro Ausgabe
- Erscheinungsverlauf: Nr. 1.1969 bis Nr. 7.1972; Nr. 8.a,b,c.1972; Nr. 9.1973 – Nr. 12.1974
- Verlag Hansjörg Mayer, Stuttgart / London
- Ab 1975 (-1977): Die Drossel
Derzeit können alle Ausgaben der Zeitschrift Die Schastrommel im BRUSEUM – einem peramanenten Ausstellungsbereich in der neuen Galerie in Graz – besichtigt werden. Der Inhalt wurde eigens für die Sonderausstellung „Die Gärten der Exosphäre“ digitalisiert. Neben den Zeitschriften werden auch Videos, Gemälde und Bild-Dichtungen von Günter Brus gezeigt. Mehr unter: BRUSEUM
Die Ausstellung „Die Gärten der Exosphäre“ kann noch bis 3.2. 2013 besichtigt werden.
Die Kunstbibliothek des mumok ist im Besitz folgender Exemplare:
- 3.1970 ; 5 – 7.1972 ; 8a,b,c.1972 ; 9.1973 ; 11.1974 ; 12.1974
weitere Bibliotheken: