Künstlerbuch | Artists‘ book: Ed Ruscha. Nine Swimming Pools (and a broken Glass), 1968

Ed Ruscha, Nine Swimming Pools, 1968
Ed Ruscha, Nine Swimming Pools, 1968 (Foto: Marlene Obermayer)

Für all jene, die mit Ed Ruschas Büchern nicht vertraut sind, dürfte das 1968 erschienene Künstlerbuch Nine Swimming Pools (and a broken Glass) einige Fragen aufwerfen. Zwar ist es in Gestaltung und Größe seinem ersten Künstlerbuch Twentysix Gasoline Stations (1963) ähnlich, jedoch gehört es in Hinblick auf die Präsentation des Inhaltes zu seinen seltsamsten Werken. Mehr darüber etwas später.

Der prosaische Titel der Publikation verrät bereits (fast) alles über den Inhalt. Während sich Ruscha für das Cover – auf dem lediglich in Blockschrift NINE SWIMMING POOLS steht – für eine schwarze Schrift entscheidet, wählt er für die Titelseite, die erst auf der fünften Seite erscheint, eine hellblaue Schriftfarbe. Des Weiteren ergänzt Ruscha den Titel mit NINE SWIMMING POOLS AND A BROKEN GLASS. Neben dem Titel, dem Autor (hier noch mit seinem ausgeschriebenen Vornamen Edward angegeben) und dem Erscheinungsjahr sind in dem Buch nur noch auf der Folgeseite wenige beschreibenden Details, wie der Verlagsort Los Angeles zu finden. Bildunterschriften, wie sie in Twentysix Gasoline Stations erscheinen, fehlen hier gänzlich.

Ed Ruscha: Nine Swimming Pools (and a broken glass), 1968 (Fotonachweis: Catalogue raisonné, Walker Art Center, Minneapolis 1999)
Ed Ruscha: Nine Swimming Pools (and a broken glass), 1968 (Fotonachweis: Catalogue raisonné, Walker Art Center, Minneapolis 1999, S. 96-97)

Ed Ruscha verwendet bei dieser Publikation auch erstmalig Farbfilm. [1] Das Sujet der blitzblauen Swimmingpools „rief“ laut ihm förmlich nach Farbe. Auffallend an Ruschas Fotografien ist, dass auf keinem einzigen der Bilder Menschen zu sehen sind. Die Hauptprotagonisten sind hier die verschiedenförmigen Swimmingpools, die rund um Las Vegas aufgenommen wurden; eine Ausnahme bildet hier aber der fünfte Swimmingpool.

Ed Ruscha: Nine Swimming Pools, 1968 (Fotonachweis: http://patriciafortunato.tumblr.com/post/24217414704/nine-swimming-pools-and-a-broken-glass-ed-ruscha)
Ed Ruscha: Nine Swimming Pools, 1968 (Fotonachweis: http://patriciafortunato.tumblr.com/post/24217414704/nine-swimming-pools-and-a-broken-glass-ed-ruscha)

Nasse Fußspuren reichen vom Sprungbrett über den betonierten Platz und lassen den menschenverlassenen Ort für kurze Zeit belebt wirken. Warum die Motivwahl gerade auf Schwimmbäder gefallen ist, kommentiert Ruscha wie folgt:

I like waking up in the morning and saying, Well, I guess it’s swimming pools today.[2]

Ruscha ordnet die Abbildungen in dem Buch scheinbar völlig wahllos an. Außer zwei Fotografien, die sich auf einer Doppelseite gegenüberstehen, befinden sich alle restlichen Swimmingpools auf der rechten Seite der Publikation. Um dem kleinformatigen Künstlerbuch mehr Volumen zu verschaffen, entscheidet sich Ruscha für mehrere Leerseiten zwischen den Abbildungen. Den Abschluss bildet jene Fotografie, die ein zerbrochenes Trinkglas vor blauem Hintergrund darstellt. Danach folgen noch 20 blanke Seiten.

Ed Ruscha: Nine Swimming Pools (and a broken glass), 1968 (Fotonachweis: Catalogue raisonné, Walker Art Center, Minneapolis 1999)
Ed Ruscha: Nine Swimming Pools (and a broken glass), 1968 (Fotonachweis: Catalogue raisonné, Walker Art Center, Minneapolis 1999)

Diese spezielle Form der Präsentation wendet er bei Nine Swimming Pools (and a broken Glass) zum ersten Mal an. Hierbei ist nicht nur die „Stille“ dieser weißen Seiten ausschlaggebend, die für ihn besonders wichtig ist, sondern dem Buch wird dadurch auch ein Körper verliehen. Ruschas weitere Künstlerbücher wie A Few Palm Trees (1971) oder Colored People (1972) dokumentieren ebenfalls dieses „formfüllende“ Prinzip und zeigen auf, wie wichtig ihm die physische Objekthaftigkeit seiner Bücher ist.

Auf die Frage, warum er Nine Swimming Pools (and a broken Glass) mit so vielen leeren Seiten gestaltet, kontert er:

Well, it would maybe be like asking a painter why he puts wax on his paint, or sand, or something.[3]


Autorin: Marlene Obermayer
 
[1] Ed Ruscha – Fotograf (Kat. Ausst., Kunsthaus Zürich, 2006, u.a.), Göttingen 2006, S. 30). Künstlerkollegen wie William Eggleston, Stephen Shore und Joel Meyerowitz führten kurze Zeit darauf die konsequente Verwendung von Farbe in der Kunstfotografie ein.
[2] Edward Ruscha – EDITIONS 1959-1999, Catalogue Raisonne, Volume 1 and Volume 2, Minneapolis 1999, S. 50-53.
[3] Ebd.
 

Daten

Ed Ruscha – Nine Swimming Pools (and a broken Glass)

  • 1. Aufl. 1968, 2400 Stück
  • Eigenverlag, Los Angeles
  • 32 Blatt, 10 Farbabbildungen
  • 18×14 cm, Softcover mit Umschlag aus Transparentpapier
  • 2. Aufl. 1976, 2000 Stück, ohne Umschlag aus Transparentpapier

In Österreich gibt es lediglich zwei Bibliotheken in Wien (Besichtigung auf Anfrage), die dieses Künstlerbuch von Ed Ruscha besitzen:

mumok Kunstbibliothek

Universitätsbibliothek der Universität für angewandte Kunst

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