
Als Douglas Huebler im Jahre 1965 den New Yorker Galeristen Seth Siegelaub kennenlernte, war er gerade dabei, seinen gesamten Schaffensprozess zu überdenken. Seine großen minimalistischen und geometrischen Formen waren nur mehr durch Landkarten und Pläne umsetzbar. Im Jahre 1966-67 begann Huebler seine Fahrten mit dem Auto zu dokumentieren indem er den Weg auf Landkarten markierte.
„Die Landkarten „sicherten“ jede Fahrt als Existenz (entity) – eine Beschreibung einer Bewegung durch Zeit und Raum.“ (Douglas Huebler)
In dem Katalog November 1968, der zugleich als Ausstellung fungierte, erscheinen die dokumentierten Arbeiten in Form von Fotografien, Landkarten, Zeichnungen und beschreibender Sprache. Der Katalog beginnt mit einem Statement des Künstlers:
“The existence of each sculpture is documented by it’s documentation.
The documentation takes the form of photographs, maps, drawings and descriptive language.
The marker “material“ and the shape described by the location of the markers have no special significance, other than tot o demark the limits of the piece.
The permanence and destiny oft he markers have no special significance.
The duration pieces exist only in the documentation of the marker’s destiny within a selected period of time.
The proposed projects do not differ from the other pieces as idea, but do differ to he extent of their material substance.“
(Douglas Huebler, November 1968, o.P.)
In dem Katalog befinden sich eine Auswahl von Hueblers Duration, Location und Variable Pieces, an denen er bis in die 1970er-Jahre festhält. Im Vergleich zu den Duration und Location Pieces, die sich um die Zusammenhänge von Zeit und Ort konzentrieren, gibt es noch die Gruppe der Variable Pieces, die aus dem direkten Kontakt mit dem Künstler oder dem Beauftragtem und einer – je nach Größe der Arbeit – willkürlich ausgesuchten Anzahl von Mitwirkenden besteht. Zur vierte Gruppe gehören die Site Sculpture Projects – Landkarten sowie Fotografien und die Darstellungen im Katalog bilden hier eine abgeschlossene Arbeit. Die Zeit ist ein bestimmendes Thema im Werk von Douglas Huebler. Die Duration und Location Pieces zeigen auf, wo und woran Zeit als reales Phänomen erfahren werden kann.
Huebler hat somit die Schöpferherrlichkeit des Künstlers aus dem vergangenen Jahrhundert aufgegeben, um seine Arbeiten nur mehr in der Vorstellung des Betrachters existieren zu lassen.
Eines der bekanntesten Arbeiten – Variable Piece #34 – entstand im November 1970 in Bradford, Massachusetts. 40 Personen wurden exakt nach jenem Moment fotografiert, nachdem der Fotograf – es handelte sich dabei nicht um Douglas Huebler – sagte, „Sie haben ein schönes Gesicht.“ Der Sinn der Fotografie in der Konzeptkunst bestand darin, Aktionen und Erscheinungen des Alltäglichen zu dokumentieren. Douglas Hueblers Aufmerksamkeit galt dem Alltäglichen und so war es für ihn eine wichtige Erfahrung, sein Atelier zu verlassen um den wirklichen „sozialen“ Raum zu betreten.
Eine oft zitierte Aussage von Huebler ist in dem Ausstellungskatalog January 5 – 31, 1969 abgedruckt, der 1969 von Seth Siegelaub publiziert wurde:
“The world is full of objects, more or less interesting; I do not wish to add any more.
I prefer, simply, to state the existence of things in terms of time an/or place.
More specifically, the work concerns itself with things whose inter-relationship is beyond direct perceptual experience.
Because the work is beyond direct perceptual experience, awareness of the work depends on a system of documentation.
This documentation takes the form of photographs, maps, drawings and descriptive language.“[1]
Daten
Künstlerbuch | Artist’s book: Douglas Huebler. November 1968
- 1. Aufl. 1968, Seth Siegelaub, New York
- 10 Blatt, 15 Arbeiten
- 20,1 x 20,1 cm, Softcover
Bibliotheken
Anlässlich der Ausstellung im mumok Poesie der Reduktion. Minimal, Concept, Land Art (17.09.2012 – 05.05.2013), die parallel zur Sonderausstellung Dan Flavin. Lights (13.10.2012 – 03.02.2013) gezeigt wird, ist dieses Künstlerbuch in der Vitrine der Kunstbibliothek des mumok zu besichtigen.
[1] Seth Siegelaub (Hg.), Statement. January 5 – 31, 1969. Berry / Huebler / Kosuth / Weiner, New York 1969, o.P. Übers.: „Die Welt ist voller mehr oder weniger interessanter Objekte; ich möchte keine mehr hinzufügen. Ich ziehe es vor, einfach die Existenz der Dinge in Begriffen von Zeit und/oder Ort festzustellen. Genauer gesagt, beschäftigt sich die Arbeit mit Dingen, deren Wechselbeziehung sich jenseits einer unmittelbaren sinnlichen Wahrnehmung ereignet. Weil sich die Arbeit einer direkten sinnlichen Wahrnehmung entzieht, hängt das Bewusstsein über das Werk von einem Dokumentationssystem ab. Diese Dokumentation erscheint in Form von Fotografien, Landkarten, Zeichnungen und beschreibender Sprache.“
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